Donnerstag, 26. Januar 2006 – Der Bund

Welche Idee steckt hinter Ihrer Xala? War es die Eingebung, Tanz zu Rhythmus werden zu lassen?

Die vage Idee, Tanz mit Musik zu verbinden, geht schon in meine Kindheit zurück. Als Flamenco-Tänzerin war ich dieser Idee bereits recht nahe, doch irgendwann hat mir der Holzboden zur Erzeugung von Rhythmen nicht mehr gereicht. Ich wollte etwas, das schwingt, das eine Resonanz erzeugt. Nachdem ich mit Hamper von Niederhäusern die Xala realisiert hatte, hüpfte ich auf diesem zunächst herum wie ein kleines Kind. Doch bald wurde mir klar, dass ich dieses Instrument – wie jeder andere Musiker auch – zuerst lernen musste, wollte ich es ernst nehmen und nicht bloss auf den Effekt des Exotischen bauen.

Sie werden am Freitag mit ihrem neuen Xala erstmals in Bern auftreten. Was ist daran neu?

Die neue Xala hat eine ganz neue Bauweise. Die Anordnung der Bausteine meiner ersten Xala war unlogisch. Ausser mir wurde niemand daraus schlau. Es war allein auf mich zugeschnitten, die Musiker mussten auf mich Rücksicht nehmen. Die neue Xala unterliegt nun einer Logik, die es mir erlaubt, den Umgang damit an andere weiterzugeben. Es stehen alle Töne zur Verfügung, ich kann es also auch als Harmonieinstrument einsetzen. Ausserdem klingt es wärmer. Leider ist es nur unwesentlich leichter geworden als der ursprüngliche Halbtönner. Doch wir haben herausgefunden, dass eine Xala schwer sein muss, um die klanglichen Eigenschaften zu bewahren.

Ihre Stücke sind rhythmisch höchst komplex und durchchoreografiert. Was geht in Ihrem Kopf vor, wenn Sie diese aufführen? Werden da Sequenzen abgezählt oder ist das eine Art Traumwandlerei?

Es herrscht höchste Konzentration. Es gilt körperlich und geistig voll da zu sein. Dann erreiche ich diesen fast meditativen Zustand, vollkommen in etwas eingebunden zu sein, und trotzdem eine Wachheit zu erlangen. Ich versuche während eines Konzerts durch kleine Verschiebungen und Akzentuierungen gewisser Töne, die Musik im Mikrokosmos lebendig zu machen. Wenn ich dies schaffe, dann ist es ein Genuss. Wenn ich aber diese Konzentration nicht erlange, dann wird es zum Chrampf.

Gibt es denn auch schlechte Konzerte von Ihnen?

Das gibt es sehr wohl. Einmal ist mir zum Beispiel ein Prototyp der neuen Xala während eines Auftritts entzwei gebrochen. Das war zwar peinlich, aber auch lustig. Ich komme von der klassischen Musik her, bin also darauf getrimmt, möglichst keine Fehler zu machen. Davon musste ich mich erst lösen. Heute kann mich ein Fehler durchaus auf neue Ideen bringen.

Bis anhin schienen Ihre Stücke relativ abstrakte Materie zu sein. Dem aktuellen Werk liegen die fünf chinesischen Elemente zugrunde. Was haben die Chinesen an Elementen, die wir nicht haben?

Es handelt sich um die fünf Elemente der chinesischen Medizin: Erde, Metall, Wasser, Holz und Feuer. Die entsprechenden Zuordnungen sind höchst komplex, unterliegen jedoch einer klaren Zahlensymbolik. Diese diente als Grundlage unseres rhythmischen Konzeptes, die emotionale Komponente, die wir mit diesen Elementen in Verbindung bringen, inspirierte uns zu den melodisch-harmonischen Strukturen dieser Eigenkomposition. Doch die Musik kann auch genossen werden, wenn man nichts über diese Materie weiss.

Ane Hebeisen