Dienstag, 21. Mai, 2002 – Aargauer Zeitung

Ania Losinger begeisterte das Publikum auf dem Bodenxylophon “XALA”

Im Rahmen der Pfingstnacht in Rohrdorf gab Ania Losinger eine Performance der besonderen Art: Sie spielte auf dem ersten Bodenxylophon der Welt.

Es war mucksmäuschenstill in der reformierten Kirche. In den vordersten Reihen sassen die schon etwas schläfrigen aber neugierigen Dreikäsehochs mit ihren Eltern. Sie alle blickten voller Spannung auf das 4,5 Quadratmeter grosse und 400 Kilogramm schwere Instrument, das von unzähligen weissen Kerzen umsäumt war. Auch wenn es von der Form her einen vertrauten Eindruck machte, waren die Dimensionen doch sonderbar: die Rede ist von der sogenannten Xala, das von Hamper von Niederhäusern aus Kaiserstuhl erbaut worden und weltweit einzigartig ist.

Einmalige Wechselwirkung

Als Ania Losinger auf die 24 Holzklangbalken hinaufstieg, lief sie zunächst im Kreis, den strengen Blick nach unten gerichtet. Mit der Zeit beschleunigte sie ihre Schritte, bis sie abrupt stehen blieb. Daraufhin drehte sie sich mit einem Lächeln zum publikum um und begann, unterschiedliche Töne, Klänge und Geräusche zu produzieren. Sie spielte nicht nur im Stehen; ungeniert legte sie sich auf den Bauch oder auf den Rücken und musizierte virtuos mit Händen und Füssen. Dabei bediente sie sich diverser Schlagstöcke aus Bambus, Fichte und Buche sowie kastagnettenähnlichen Schlaginstrumenten.

Herauszuhören waren gewisse Flamenco-Einflüsse, doch dominierten diese keinesfalls. Losinger, die mit Flamencos en route zwei Jahre auf Europa-Tournee gegangen ist, möchte neue Wege beschreiten: “Selbst wenn man den Flamenco mit indischer Musik oder Jazz fusioniert bleibt seine rhythmische Form immer gleich.” Zwischen der Künstlerin und dem Xala entstand eine einzigartige Wechselwirkung, indem sie sämtliche Klangfacetten des Instrumentes auszuschöpfen wusste.

Ihr rhythmischer Musikstil nennt sich Tonus-Music und ist vom Schweizer Musiker und Komponisten Don Li erfunden worden. Die Begeisterung und Hingabe für diese Musik liessen sich unschwer an Losingers Gesichtszügen erkennen. Trotz grosser Konzentration nahm sie die Blicke des Publikums wahr. Und als plötzlich das Handy eines Zuschauers zu piepsen begann, konnte sie ihr Grinsen nicht unterdrücken.

Losinger hegt nicht die Absicht, Melodien zu spielen, sondern ausschliesslich Rhythmen; denn diese, so die experimentierfreudige Bernerin, enthielten unheimlich grosse Kräfte und würden ein wahres Forschungsfeld bieten. Deshalb arbeitet sie nur entfernt mit Harmonien. Sie möchte mit ihrer Musik nichts Bestimmtes vermitteln; was sie beim Zuhörer letztlich auslöst, will sie offen lassen.

Bisher ist von Losinger eine CD Rom in Koproduktion mit DRS 2 erschienen; sie trägt den Titel “Xala”. Obwohl die Musikerin am Konservatorium in Zürich Rhythmik und Klavier studiert hat, schwebt ihr zurzeit kein Instrumentenwechsel vor. Im Gegenteil, auf einem noch grösseren Xala möchte sie künftig weitere Rhythmen entdecken.

Damir Petkov