Rems Zeitung – 5 August 2006
Ania Losinger und Matthias Eser in der Johanniskirche
Das Festival Europäischer Kirchenmusik beschreitet neben der Ausrichtung tradizioneller Konzerte stets auch neue Pfade. Mit dem Auftritt von Ania Losinger und Matthias Eser gab es in der Johanniskirche eine Performance, die geprägt war von ganz neuen Erfahrungen. bereits die Positionierung der Künstler in der Mitte des Gotteshauses, einander gegenüber, die Verwendung der Xala (eines Idiophons aus Holz- und Metallklingern, mit langen Stöcken ganz unterschiedlich gespielt), darauf die Akteurin tanzend und spielend. Ihr Partner “begleitet” auf einer ganzen Batterie von Schlaginstrumenten, alles in angenehm unterstreichendes oder punktuell demonstrierendes Licht getaucht – selten hat man ein so schlüssig homogenes Konzept erlebt.
Zugleich ist die Verbindung zur chinesischen Zahlensymbolik mit der Deutung der “Fünf Elemente” in Komposition und tänzerischem Ausdruck ergebnisintensiv. Beide Künstler wirken völlig in eins: beide komponieren, agieren in der künstlerischen Realisation völlig synchron. Allein die geistige Präsenz besticht.
…Was Ania Losinger präsentiert, kommt im Zusammenwirken mit Matthias Eser einer instrumentalen “Choreographie” gleich… Ganz unterschiedlich ausgeprägt sind die fünf Teile. Alle Möglichkeiten werden genutzt: rhythmische und tonliche Ostinati, nur im letzten Teil aggressiver – zugleich die tänzerischste Variante. Sonst ist alles von erstaunlicher Harmonie. Man hört Polyrhythmik, tolle Modulationen, eine differenzierte Klangvielfalt der Instrumente, stets ein dynamisches Auf und Ab mit Innehalten.
Alles ist von gewinnender Sympathie, das Publikum ist gepackt von der bereits vor Beginn spürbaren Spannung, welche die ganzen achzig Minuten hindurch anhält. Erst nach dem vierten Element (Holz) wird der sonst gezügelte Beifall zum Orkan. Am Schluss steigert er sich vollends zur Ekstase: die Begeisterung kennt keine Grenzen. Mit einer – gleichsam alle Facetten bündelnden – Zugabe findet ein Abend sein Ende, der Orient und Okzident auf wunderbare Weise versöhnt.
Peter Skobowsky