Montag, 14. Oktober 2002 – Schwäbische Zeitung
Ein Kunstgenuss der besonderen Art boten die Ateliers im Alten Schlachthof in Sigmaringen. Die Rhythmik- und Klavierlehrerin Ania Losinger aus der Schweiz riss das Publikum mit ihrer Tanz-Performance “Xala” auf dem gleichnamigen Instrument zu tosendem Beifall hin. Mit ungläubigen Staunen verfolgten die Zuschauer eine Kombination von Körperbeherrschung und –koordination mit Rhythmik und Präzision, die ihresgleichen sucht.
Der gewöhnliche Mensch hat in der Regel Schwierigkeiten, wenn er mit zwei Händen verschiedene Bewegungen ausführen soll, weil meist nur ein bestimmter Teil des Gehirns für die Routine- und Denkarbeit benutzt wird. Wie Heiltherapeuten und Neurophysiologen anraten, sollte man lernen, möglichst beide Hirnhälften gleichzeitig zu gebrauchen, um die eigenen Ressourcen besser nutzen zu können. Uebungen dazu bestehen aus unterschiedlichen Bewegungen, die gleichzeitig ausgeführt werden sollen. Zu einer unschlagbaren Meisterschaft all ihrer Gehirnbereiche hat es Ania Losinger gebracht, die nicht nur mit beiden Händen unterschiedliche Rhythmen schlagen kann, sondern auch mit den Füssen und obendrein bewegen sich Fersen und Vorderfuss auch noch mal separat.
Unglaublich wirkungsvoll
Auf dem eigens für sie entworfenen Bodenxylophon von rund vier Quadratmetern Grösse mit 24 in Oberton und Grundton gestimmten Klangstäben tanzt sie mit einer Virtuosität und Akkuratesse ihre ureigenste Musik, die visuell und akustisch eine ganz besondere Aesthetik hat. Ihre Requisiten sind einfach aber unglaublich wirkungsvoll, wie ein besenstielartiges Rundholz, mannshohe Vierkantstäbe…und natürlich ihre eisengeplättelten Flamencoschuhe. Mit diesen werden dem Instrument die vielfältigsten rhythmischen Geräusche, Töne, Klänge und pentatonische Melodien entlockt, die mit der eigenen Rhythmik der gestossenen Holzstäbe bereichert werden und plastische Hörbilder entstehen lassen. Zwischen der Tänzerin scheint es eine Wechselwirkung zu geben, in der das Instrument mittels Tanz erklingt und die Tanzende von den so entstehenden Klängen geleitet zu sein scheint.
Absolute Präzision
Trotzdem ist klar, dass sich hier zwei Eigenschaften, die so gar nicht zueinander passen wollen, absolute Präzision und flexible Kreativität, gepaart haben. Ania Losinger beweist, dass diese Paarung harmonieren kann…